Die Wichtigkeit psychischer Gesundheit in Unternehmen

Eva Schweng
Eva Schweng 13.06.2023 3 Minuten
Karriere

Die folgende Geschichte ist mir besonders gut in Erinnerung. Ich habe sie vor vielen Jahren bei einer Coaching-Ausbildung gehört: Ein junger Mann arbeitet als Ferialpraktikant bei einer Spedition. Seine Aufgabe ist es, Pakete zu sortieren. Diese kommen über eine Rutsche in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen. Er gibt sein Bestes und als mehr Pakete kommen, legt er einen Zahn zu. Mit dem Ergebnis, dass diese noch schneller kommen. Sei es aufgrund einer Ermüdung, die ihn gezwungen hat, langsamer zu arbeiten, oder aus anderen Gründen. Der junge Mann hat erlebt, dass die Pakete gerade so schnell kommen, wie er sie wegschafft.

Sollte die Geschichte stimmen, hat er wahrscheinlich nicht nur gute Arbeit geleistet, sondern auch eine Erfahrung fürs Leben gemacht: Dass er Einfluss auf das System hat, dessen Teil er ist. Und dass es die Unternehmenskultur erlaubt oder sogar fördert, dass Prozesse hinsichtlich des Erhalts einer kontinuierlichen Arbeitsleistung gut gestaltet werden.

Natürlich sind die meisten Arbeitsplätze viel komplizierter als in dieser einfachen Geschichte. Mitarbeiter:innen stehen nicht vor einer Rutsche, sondern vor vielen. E-Mails strömen ebenso herein wie Telefonate. Meetings unterbrechen den Arbeitsfluss, bringen neue Arbeitsaufträge, bedeuten aber auch selbst Arbeit. Dazwischen, oder eigentlich als Hauptaufgabe, sind komplexe Projekte zu managen. Im Fall von Führungskräften gilt es darüber hinaus auch noch, Mitarbeiter:innen zu leiten und in deren ebenso umfassenden Aufgaben zu unterstützen. Um all dem gerecht zu werden, fehlt oft die Zeit.

Es zeigt sich im Coaching, dass vor allem Leitungsträger:innen in verantwortungsvollen Positionen anfällig dafür sind, ihre eigenen Grenzen zu überschreiten, um die ihnen zugeteilten Pakete wegzuschaffen. Manchmal leider, bis sie es nicht mehr schaffen.

Das Wirtschaftsforschungsinstitut WIFO beziffert in seinem Fehlzeitenreport 20221 die durchschnittliche Dauer von Krankenständen aufgrund psychischer und Verhaltensstörungen mit 37 Tagen. Auch, wenn der Begriff Burnout in diesem Bericht nicht ausdrücklich vorkommt, können wir doch davon ausgehen, dass die so bezeichnete psychische und physische Erschöpfung einen hohen Anteil daran hat.

Es wäre kurzsichtig, zu meinen, dass die Erhaltung der Arbeitsfähigkeit etwas rein Privates und Individuelles sei. Auch das Beispiel am Beginn des Textes hat gezeigt: Die Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter:innen hängt ganz wesentlich von der Gestaltung der Prozesse ab. Dazu zählen Arbeitsinhalte und Arbeitsabläufe, die verstanden und deshalb als sinnvoll betrachtet werden, und Arbeitszeiten, die ein gesundes Sozialleben erlauben. Über allem steht die Unternehmenskultur, die sich im Leitbild, der Führungs- und Teamkultur widerspiegelt.

Prävention und die Unterstützung bei Belastungssituationen, verstärktes Augenmerk auf Life Balance und Sinn helfen nicht nur den Mitarbeitenden. Sie haben das Potential für eine nachhaltige Stärkung des gesamten Unternehmens.

 

[1] Fehlzeitenreport 2022. Krankheits- und unfallbedingte Fehlzeiten in Österreich (wko.at)

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